D’Windacher G’schicht 8

Die Geschichte der Firma August Popp

Vom Metzgerlehrling zum Omnibusfabrikanten

August Popp (geboren 1895) sollte als Sohn eines Gastwirtes eigentlich Metzger werden. Jedoch verlor er durch einen Arbeitsunfall zu Beginn seiner Ausbildung vier Finger der linken Hand. Diesem unglücklichen Umstand verdankte er jedoch seinen beruflichen Erfolg bis hin zu einem Omnibusfabrikanten in einem kleinen Dorf, das Unterwindach in den 1930er Jahren noch war.

Der Mensch und die Firma August Popp standen deshalb im Mittelpunkt der achten Folge aus der Vortragsreihe „D’Windacher G’schicht“, die der Veteranen- und Kameradenverein Windach-Hechenwang kürzlich im Windacher Pfarrsaal veranstaltete. Zusammen mit den beiden Folgen „D’Hechenwanger G’schicht“ war dies bereits der zehnte heimatgeschichtliche Vortrag, den der Verein seit seiner Wiedergründung vor fünf Jahren durchführte.

Der Vereinsvorsitzende Manfred Stagl konnte unter den über 100 Gästen auch zahlreiche Nachkommen von August Popp begrüßen. Anschließend beleuchtete er in einem kurzweiligen, mit vielen Fotos angereicherten Vortrag die Familien- und Firmengeschichte von August Popp. Unterstützt wurde er dabei durch seinen Vereinskollegen Gerhard Heininger, zugleich auch Archivar der Verwaltungsgemeinschaft Windach, der die Recherchen für den Vortrag durchführte. Aus den verschiedenen Quellen kamen Informationen zum Vorschein, die nicht einmal in Familienkreisen bekannt waren.

Kurz vor dem Ersten Weltkrieg fing alles an: August Popp begann nach seinem Arbeitsunfall eine Lehre als Elektriker und machte sich anschließend in Schwifting selbständig. Er schloss in vielen Ortschaften im Landkreis Landsberg die Gebäude an das Stromnetz an und ermöglichte so eine elektrische Beleuchtung. Nach dem Krieg begann er mit einer kaufmännischen Ausbildung in München und übernahm von seiner Mutter den kleinen Krämerladen in Schwifting.

Zudem fing er mit dem Verkauf von Elektromotoren und Landmaschinen an und konnte nach nur kurzer Zeit bereits eine Werkstätte bauen und die ersten Mitarbeiter einstellen.

Parallel dazu begann er mit der Gründung einer eigenen Familie: Er heiratete Theodora Büttner, die Tochter des ortsansässigen Lehrers. Den beiden wurden vier Töchter beschert, von denen zwei schon sehr früh starben. Theodora, die älteste Tochter, heiratete Erwin Speckardt und übernahm später das Autogeschäft in Landsberg. Die jüngere Edeltraud war mit Andreas Schweyer verheiratet, dem Inhaber des gleichnamigen Landhandels-Unternehmens aus Buchloe.

Der Autohandel begann eher zufällig, weil er auf sein Zeitungsinserat für den Verkauf seines gebrauchten Fahrzeugs große Resonanz erhielt. Er bekam einen Direkthändlervertrag von der Adam Opel AG.

Weil in Schwifting alles zu klein wurde, erfolgte im Jahr 1930 die Übersiedlung nach Windach. August Popp erwarb das Schloss mit den landwirtschaftlichen Gebäuden, welche er in Werkstätten umbaute. Für seine Arbeiter errichtete er Bedienstetenwohnungen.

Um 1935 begann dann die Busproduktion. Motor und Fahrgestell wurden von einem Fahrzeug-Hersteller bezogen, der Aufbau wurde in der eigenen Werkstätte erstellt. So konnte die Firma Popp auf die individuellen Wünsche der Käufer eingehen. Durchschnittlich zwei „maßgeschneiderte“ Omnibusse pro Monat wurden bis zum Beginn des Zweiten Weltkrieges gefertigt.

Nach dem Krieg wurden amerikanische Offiziere im Schloss einquartiert. Frau Popp musste für sie kochen. Theodora Speckardt erinnert sich an eine Anekdote aus dieser Zeit: „Irgendwann beschwerte sich Mama bei den Amerikanern, dass sie nie wisse, wie viele Leute zum Essen kämen. Deshalb vereinbarte sie mit ihnen, dass ein Flieger über Windach Kreise ziehen sollte. Ein Kreis bedeutete 10 Personen.“

1951 verlagerte Popp den Autohandel, den mittlerweile Tochter und Schwiegersohn führten, nach Landsberg. In Windach verblieb nur noch die Reparaturwerkstätte. 1965 wurde der Gewerbebetrieb in Windach abgemeldet.

August Popp war jedoch nicht nur Unternehmer: Von 1936 bis 1945 war er Bürgermeister der Gemeinde Unterwindach bzw. Windach. In seiner Amtszeit wurde die Vereinigung von Unter- und Oberwindach vollzogen. Als Schlossbesitzer war er zudem Patronatsherr der Pfarrei Windach: Er durfte der Diözese bei einer Wiederbesetzung den neuen Pfarrer vorschlagen. Dieses Recht übte er fünfmal aus.

Im Jahr 1971 verstarb er, ein Jahr später seine Ehefrau Theodora.

Das Schloss und den Schlosspark verkaufte Tochter Edeltraud Schweyer 1978 an die Gemeinde Windach. Seither beherbergt es das Rathaus der Verwaltungsgemeinschaft.

Dieser Vortrag wird in ausführlicherer Form im nächsten Jahr als Ausgabe 9 der „Schriften des Archivs der Verwaltungsgemeinschaft Windach“ veröffentlicht.

Im Anschluss an den Vortrag erschien die Ausgabe 8 mit dem Thema „60 Jahre Musikkapelle Windach“.

Fotos

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Presseecho

Landsberger Tagblatt vom 11. November 2017.